6. Oktober 2022
Das ist der Grund, warum der Immobilienmarkt gerade kippt

Das ist der Grund, warum der Immobilienmarkt gerade kippt

Privatanlegerinnen und Privatanleger überschätzen die historisch und die in Zukunft gerichteten Wertsteigerungs- und Renditedaten in nahezu allen Assetklassen. Das Wertverlustpotenzial von Wohnimmobilien wird unterschätzt. Was genau passiert da am Immobilienmarkt?

Wusstest du, dass die inflationsbereinigten realen Wertsteigerungen von Immobilien in Deutschland in den Jahren 1970 bis 2020 nur 0,6 Prozent per Anno betragen haben? Die letzten zehn Jahre haben uns vielleicht glauben lassen, dass der Immobilienboom immer nur so weiter gehen kann. Wenn wir die realen Renditen zwischen 1980 und 2010 in Deutschland betrachten, waren diese bei Immobilen sogar im negativen Bereich.

Der maximale kumulative Wertverlust während der letzten 51 Jahre erreichte 2009 mit minus 30 Prozent seinen Höhepunkt. Es ist also keinesfalls so, dass das „Betongold“, wie es immer so schön bezeichnet wird, nur steigt. Im Gegenteil: Es gab viele Jahrzehnte in der Vergangenheit, in denen Immobilienpreise fielen. Hier sind die hohen Kosten bei Kauf und Verkauf noch gar nicht berücksichtigt.

Der Kipppunkt am Immobilienmarkt scheint erreicht

Zehn Jahre war die Bau- und Immobilienbranche erfolgsverwöhnt. Treiber war die Null-Zins *-Politik der Zentralbanken sowie günstige Energiepreise. Derzeit bündeln sich so viele Negativfaktoren, dass man sie kaum alle aufzählen kann. Die Zinsen haben sich seit Jahresanfang mehr als vervierfacht. Aktuell stehen wir bei einem Zehnjahreskredit bei fast vier Prozent Zinsen. Vor allem der rasante Anstieg innerhalb weniger Monate ist enorm. Die Inflation in Deutschland ist erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder zweistellig.

Material und Handwerker fehlen. 71 Prozent der Baufirmen melden Verzögerungen aktueller Projekte. 84 Prozent der Bauunternehmen machen keine Preiszusagen mehr. Wenn ich mit Maklern spreche, ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien deutlich gesunken. Es sind hauptsächlich Barzahler, die jetzt die hohen Preise noch bezahlen. Kreditfinanzierte Immobilien sinken beträchtlich. Die Energiekrise und drohende Rezession macht ihr übliches. Auch das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo warnt: Die „Rahmenbedingungen für Bauprojekte“ hätten sich „dramatisch“ verschlechtert.

Noch sind die Preise in der Stadt stabil

Wenn wir uns die Preise in den Großstädten ansehen, sind die noch einigermaßen stabil. Der große Preisverfall bleibt noch aus. Knappheit ist noch immer das beherrschende Thema am Markt. Damit die Immobilienpreise flächendeckend fallen, müsste die Wohnflächennachfrage sinken.

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Demografisch bedingt könnte die Wohnflächennachfrage ab 2025 beginnen zu sinken. Dies hängt auch von der weiteren Zuwanderung ab. Konkrete Auswirkungen der starken Flüchtlingswelle seit 2015 lassen sich noch nicht endgültig feststellen. Durchaus könnte das für die Immobilienpreise in den Großstädten stabilisierend wirken. Verbliebene Käufer weichen momentan auf Bestandsimmobilien aus und sorgen somit für eine gewisse Robustheit am Immobilienmarkt.

Ein weiteres Phänomen: Viele bleiben jetzt einfach Mieter oder werden Mieter und bringen den Mietmarkt dadurch unter Druck. Inserate für Mietwohnungen stiegen ungefähr so stark, wie die Nachfrage nach Kaufimmobilien sank. Die Politik sorgt mit ihren enormen Auflagen und schleppenden Genehmigungsverfahren für eine Wohnungsknappheit und fungiert somit als Preisstabilisator. In Deutschland dauert es immer länger, bis es zu Zwangsversteigerungen kommt, da grundsätzlich die Banken konservativer Kredite vergeben als die zum Beispiel in den USA der Fall ist. Ich bin gespannt, wie sich der Markt in Zukunft weiterentwickelt. Große Preissteigerungen sind nicht zu erwarten. Ich gehe von gleichbleibenden bis leicht negative Entwicklungen in den nächsten zwölf Monaten aus.