Agrarrohstoffe: Hochspannung bei Investments in Weizen
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gab es beim Weizen-Preis massive Verwerfungen. Hinsichtlich der Perspektiven bleibt es extrem spannend.
Laut Statistischem Bundesamt gelten an den Weltmärkten die Ukraine und die Russische Föderation bei Sonnenblumenöl (41 vs. 19 Prozent) und bei Weizen (10 vs. 14 Prozent) auf Basis der Daten für das Jahr 2021 weltweit als extrem wichtige Exporteure. Insbesondere Entwicklungsländer waren aufgrund fehlender Produktionskapazitäten im eigenen Land auf die Lieferungen dieser beiden Staaten stark angewiesen. Dank des Getreideabkommens zwischen beiden Kriegsparteien konnte die ganz große Hungerkatastrophe verhindert werden. Mitte März wurde dieser unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei beschlossene Deal verlängert – laut russischer Seite reduzierte sich die Vertragsdauer jedoch von 120 auf 60 Tage. Sollten die Russen – aus welchen Gründen auch immer – die Vereinbarung aufkündigen oder auch nur in Frage stellen, würde dies den Weizenpreis wahrscheinlich signifikant verteuern.
Weizen-Preis sprang rasant an
Nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs explodierte der Future auf US-Weizen in der Spitze auf über 13 Dollar pro Scheffel. Seither hat sich der Preis fast halbiert und notiert aktuell sogar unter dem Niveau von Februar 2022. Wichtig zu wissen: Mit Blick auf die Kursschwankungsintensität bewegen wir uns derzeit nach wie vor auf deutlich erhöhtem Niveau, schließlich übertrifft die historische 250-Tage-Volatilität mit aktuell 44 Prozent das Vorkriegsniveau von 33 Prozent immer noch recht deutlich. Trotz der jüngsten Marktberuhigung sollte sich jeder Investor daher über die erhöhten Risiken und die moralische Problematik eines Weizeninvestments bewusst sein.
Missernten derzeit kein Thema
Neben den bereits erwähnten geopolitischen Risiken in der Schwarzmeerregion, hat der für die weltweite Ernährungssicherheit wichtige Weizen aber noch mit zahlreichen weiteren Risikofaktoren zu kämpfen. So bedroht zum Beispiel der weltweite Klimawandel sowohl durch Dürren als auch durch Überschwemmungen immer wieder die Ernten in wichtigen Anbauregionen. Diese Probleme traten in der vergangenen Saison zwar in den Hintergrund, sollten aber auf keinen Fall vom „Radarschirm“ der Investoren verschwinden. Als besonders nützlich sind in diesem Zusammenhang die vom US-Landwirtschaftsministerium veröffentlichten WASDE-Berichte anzusehen, die Prognosen zu Angebot und Nachfrage wichtiger Agrarrohstoffe liefern. Im jüngsten Bericht war zum Beispiel ein Anstieg der Weizenexporte aus der Schwarzmeerregion gemeldet worden.
Doch nicht nur das Weltklima könnte immer wieder zu Missernten führen, Sorgen bereitet einigen Forschern derzeit auch die Ausbreitung einer Pilzerkrankung. Dieser stammt aus Südamerika und ist mittlerweile auch in einigen asiatischen und afrikanischen Ländern aufgetreten. Falls die Krankheit in Zukunft die globalen Ernten dezimieren sollte, könnte sich dies zu einem zusätzlichen Preis treibenden Faktor entwickeln.
Für ein hohes Maß an Spannung sorgt bei Weizen derzeit aber vor allem die charttechnische Lage. Aktuell befindet sich dessen Preis nämlich auf Tuchfühlung mit der langfristigen 200-Tage-Linie. Ein markantes Überwinden gilt in der Chartlehre als starkes Kaufsignal. Viele technische Indikatoren deuten derzeit jedoch auf ein negatives Marktsentiment hin. Auf der Charttechnik-Website Tradingview legen zum Beispiel von den insgesamt 26 erfassten Parametern gegenwärtig 14 das „Verkaufen“, zehn das „Halten“ und lediglich zwei das „Kaufen“ von Weizen nahe.
Mit einem ETC kannst du auf Weizen setzen
Relativ einfach können Privatanleger via Weizen-ETCs auf einen steigenden Weizenpreis spekulieren. So bildet zum Beispiel der WisdomTree Wheat-ETC (WKN: A0KRJ9) die Entwicklung des DJAIG Wheat Sub-IndexSM 1:1 nach und verlangt hierfür eine jährliche Gebühr in Höhe von 0,49 Prozent.
Autor Jörg Bernhard
Jörg Bernhard ist freier Wirtschaftsjournalist und hat sich auf die Themenbereiche Rohstoffe, Edelmetalle, Börse, Hebelprodukte und Anlagezertifikate spezialisiert. Vor seiner Selbstständigkeit war er von 1994 bis 2002 bei einem Münchner Verlag aus dem Bereich Wirtschaftspresse als Redakteur, stellvertretender Redaktionsleiter und Redaktionsleiter angestellt.
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