Erik Podzuweit: Wir sind zuletzt in der Tat rasant gewachsen

Scalable Capital: "Realität hat alle Pläne übertroffen"

Scalable Capital überschritt von einigen Tagen beim investierten Volumen die magische Schwelle von einer Milliarde Euro. Das EXtra-Magazin sprach zu den Hintergründen mit Erik Podzuweit, Gründer und Geschäftsführer des Anbieters.

Scalable Capital verwaltet nun eine Milliarde Euro. Mit welcher Größenordnung haben Sie zu Beginn gerechnet für Mitte 2018?

Natürlich hatten wir zu Beginn einen Business-Plan mit Vorstellungen davon, wo die Reise hingehen kann. Letztlich hat die Realität aber alle Pläne übertroffen. Die erste Milliarde war erst nach 3,5 Jahren eingeplant.

Stark zu diesem Erfolg beigetragen haben die Kooperationen mit ING-DiBa sowie Siemens Private Finance. Planen Sie weitere solche Kooperationen?

Die Partnerschaft mit der ING-DiBa, in der wir mit unserem eigenen Produkt und unserer eigenen Marke auftreten, ist exklusiv. Was weiterhin möglich ist, sind White-Label-Lösungen für Finanzinstitute sowie Partnerschaften mit Unternehmen wie die mit Siemens Private Finance – sie empfehlen allen Siemens-Mitarbeitern, für die private Altersvorsorge auf unsere Dienstleistung zurückzugreifen.

Scalable Capital ist derzeit neben Deutschland und Großbritannien auch in Österreich und der Schweiz aktiv. Planen Sie eine weitere Expansion in Europa oder sogar in den USA oder Asien?

Wir wollen in jedem Fall weiter expandieren. Dabei konzentrieren wir uns auf europäische Märkte. Hier kennen wir uns am besten aus und der Markt hat großes Potential.

Sie wachsen schneller als Ihre bekannten US-Konkurrenten Wealthfront und Betterment. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Es ist kein Geheimnis, dass die Partnerschaften mit der ING-DiBa und mit Siemens Private Finance wichtige Wachstumstreiber für uns waren. Zudem sind wir einige Jahre später an den Markt gegangen als die beiden von Ihnen genannten US-Wettbewerber. In den Jahren ist das Vertrauen der Menschen in digitale Lösungen natürlich nochmal stark gestiegen.

Der Hauptanteil Ihrer Anleger ist männlich und eher fortgeschrittenen Alters. Worin sehen Sie die Gründe?

Zunächst einmal sind wir sehr stolz darauf, dass wir auch immer mehr Frauen für die Geldanlage am Kapitalmarkt gewinnen. Der Anteil weiblicher Kunden, die über Gemeinschafts- oder Einzelkonten Gelder von Scalable Capital verwalten lassen, liegt mittlerweile bei fast 40 Prozent. Das ist nicht zuletzt das Ergebnis unserer vielfältigen Anstrengungen, speziell Frauen für das Thema zu sensibilisieren. Aber natürlich haben Sie ganz richtig beobachtet, dass das Alter unserer Kunden mit dem verwalteten Vermögen steigt. Der Altersdurchschnitt liegt derzeit bei 50 Jahren, vor einem Jahr lag der Wert noch bei 42 Jahren. Das zeigt, dass wir nicht mehr nur junge, technikaffine Naturwissenschaftler, Informatiker und Banker für unseren Service gewinnen, sondern auch weitere Kreise der klassischen Privatanleger, die naturgemäß etwas älter ist. Schließlich machen Kapitalanlagen nur Sinn, wenn man sein angespartes Geld nicht kurzfristig für andere Dinge benötigt – eine kaputte Waschmaschine, eine zeitweilige Pause aus dem Arbeitsleben, die Reparatur des Autos oder ähnliches. Die meisten Menschen müssen sich in ihren ersten Berufsjahren aber erstmal einen Kapitalstock aufbauen. Danach braucht man das Einkommen für die Familienplanung, die Anschaffung eines Familienautos, vielleicht sogar einer Immobilie. Erst wenn all das abgeschlossen ist, haben viele Menschen einen Kopf und die liquiden Ressourcen ihr Geld am Kapitalmarkt anzulegen. Wir sind inzwischen auch für immer mehr Menschen in dieser Lebensphase attraktiv.

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Sie sagen, Ihr Ziel war es, die Vermögensverwaltung zu demokratisieren. Wie passt das zur Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und einem durchschnittlich verwalteten Volumen von über 32.000 Euro? Handelt es sich bei den Hauptkunden also doch um eher besserverdienende Kunden?

Bisher stand die professionelle Vermögensverwaltung nur Menschen ab einem Vermögen von einer Million Euro zur Verfügung. Wir reduzieren die Mindestanlagesumme auf 10.000 Euro. Das ist eine ganz massive Form der Demokratisierung. Ein Vermögen von einer Million Euro haben aber gerade mal 1,6 Prozent der Deutschen, während rund die Hälfte der Deutschen über ein liquides Sparvermögen von mindestens 10.000 verfügen. Unser durchschnittlich verwaltetes Vermögen pro Kunde liegt bei 32.000 Euro und damit weit über der Mindestanlagesumme von 10.000 Euro. Das zeigt, dass wir mit unserem Service vor allem „Smart busy professionals“ ansprechen, die einen überdurchschnittlichen Bildungsgrad und damit auch ein überdurchschnittliches Einkommen haben.

Vor wenigen Tagen starteten Sie auf Ihrer Seite eine „Time Machine“ zur systematischen Berechnung der Altersvorsorge. Was kann sie, wie geht man dabei genau vor und was sollte man dabei alles berücksichtigen? Und haben Sie bereits erste Rückmeldungen von den Nutzern?

Mit der Time Machine wollen wir Menschen auf spielerische und dennoch systematische Weise dazu animieren, sich intensiver mit ihrer privaten Altersvorsorge auseinanderzusetzen und jetzt die richtigen Weichen für später zu stellen. Während hinter dem Tool ein Algorithmus mit vielen Daten gefüttert wird, ist die Nutzung für den Anleger ganz einfach: Er muss lediglich sein Alter, Geschlecht, anfängliches Anlagevolumen und seinen monatlichen Sparplan angeben. Mit nur einem Klick erhält er Antworten auf wichtige Fragen wie:

Wie viel Geld sollte ich heute für den Ruhestand zurücklegen? Reicht mein aktueller Sparplan für meinen gewünschten Lebensstandard im Alter aus? Welchen realen Wert wird mein Vermögen nach Abzug der Inflationsrate zu Beginn des Ruhestands haben?

Die ersten Rückmeldungen zeigen: Am wichtigsten und überraschendsten ist es für die Kunden, die Sensitivitäten einer Kapitalmarktanlage aufgezeigt zu bekommen. Denn eine hohe statt einer niedrigen Risikoklasse macht nach 30 Jahren einen Unterschied von Faktor drei bis vier. Ein monatlicher Sparplan mit 100 Euro verdreifacht das Vermögen nochmals – 10 Jahre früher anfangen verdoppelt es beinahe usw. Die große Macht dahinter ist der Zinseszinseffekt.

Welche Bedeutung hat die Altersvorsorge bei Ihren Angeboten? Was sind die anderen typischen Anlagemotive?

Unsere gesamte Anlagestrategie ist auf einen nachhaltigen Vermögensaufbau ausgerichtet. Damit ist die Altersvorsorge bei vielen unserer Kunden ein ganz wichtiges Motiv. Viele unserer älteren Kunden denken aber auch bereits an ihre Kinder und Enkelkinder und wollen das Vermögen nachhaltig aufbauen, um es an die nächste Generation zu vererben.

Das EXtra-Magazin hat Scalable Capital gestestet