BRICS-Gipfeltreffen: Rückkehr zum Goldstandard? Wirtschaftsweiser winkt ab
Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika führen im August eine neue Goldwährung ein. Oder ist das Projekt „Goldstandard“ am Ende doch nur heiße Luft?
Zumindest, wenn man dem russischen Staatssender Russia Today (RT) glauben schenken darf, könnte der Goldstandard innerhalb der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) kommen. Darf man? Eher nicht. Die Rufe nach einer Goldwährung bzw. die Forderungen nach einem Goldstandard nehmen meist dann zu, wenn die wirtschaftliche Potenz und das Vertrauen ins Geld abnehmen. Für Kritikerinnen und Kritiker ungedeckter Währungen – was auf prinzipiell alle zutrifft – ist es dann höchste Zeit, selbige zurückzudrehen. Konkret: Zurück ins 19. Jahrhundert; zurück zum Goldstandard. Warum es zu diesen Forderungen kommt, was eine Rückkehr zum Goldstandard bedeutet und weshalb sie unrealistisch ist, erklären wir in diesem Artikel.
Warum überhaupt ein Goldstandard?
An dieser Stelle darf natürlich der Rückblick auf das Jahr 1971 nicht fehlen. Denn bis dahin galt der Goldstandard in den USA. Das heißt: Jeder US-Dollar musste mit Gold abgedeckt sein. Jeder Geldschein hatte also einen realen Wert, allerdings weiß jeder, dass sich Gold nicht so ohne weiteres vermehren lässt. Das beschränkt die Möglichkeiten enorm, die Druckerpresse anzuwerfen, um neues Geld drucken zu können, das wiederum die Wirtschaft ankurbelt. Andererseits bedeutet jedoch die Abkehr von der Kopplung an ein knappes Gut, wie Gold, dass die Inflation tendenziell steigen könnte. Schließlich erhöht sich die Geldmenge – oft deutlicher als die Gütermenge.
Was spricht für den Goldstandard aus Sicht der BRICS-Staaten?
Die BRICS-Nationen bezwecken mit ihrem Bündnis ein Gegenpol zu den etablierten Industriestaaten zu sein. Da mag es den einen oder anderen Vertreter stören, dass die weltweite Leitwährung immer noch der US-Dollar ist. Denn damit spielen die USA nach wie vor eine maßgebliche Rolle im globalen Finanzgeflecht. Und so war die Idee eines gemeinsamen Goldstandards geboren. So könne man sich unabhängiger vom Westen bzw. von den USA machen und sein Schicksal besser in eigene Hände legen.
Was würde die Rückkehr zum Goldstandard bedeuten?
Was die Umsetzung konkret ausmachen würde, ist natürlich Spekulation. Aber einige Folgen gelten unter Ökonomen als sehr wahrscheinlich. Beobachter unken, dass sich eine solche Währung am ECU orientieren wird. Der ECU (European Currency Unit) war von 1979 bis 1998 eine Recheneinheit der Europäischen Gemeinschaft. Der Wert ermittelte sich mit Hilfe eines Währungskorbs, in dem verschiedene europäische Währungen gewichtet waren. Da die BRICS-Staaten ebenfalls ein Bund mit unterschiedlichen Währungen sind, könnte das europäische Modell sinnvoll sein, um den Handel innerhalb der Länder abzuwickeln.
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Aufgrund der Deckung mit Gold, könnte die potenziell neue Währung großes Vertrauen erfahren. Die Folge wäre eine Aufwertung der BRICS-Währung und damit Abwertung des US-Dollars und Euros. Das wiederum würde Exporte in die USA oder nach Europa verteuern, wodurch wiederum gerade die Exportnation China leiden würde. Möglicherweise würden sich also deutsche Unternehmen nach alternativen Handelspartnern umsehen.
Dass eine zu stark aufgewertete Währung auch schaden kann, hat man auch jahrelang am Beispiel der Schweiz gesehen, die sich gezwungen sahen, EU-Staatsanleihen anzukaufen, um einen stabilen Wechselkurs zum Euro zu gewährleisten. Daneben sind die BRICS-Staaten wirtschaftlich, politisch, kulturell und geographisch soweit auseinander, dass ein derart weitreichendes Währungsexperiment unrealistisch erscheint. Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und Wirtschaftsweiser, hat gegenüber extraETF bereits im Vorfeld des BRICS-Gipfeltreffens abgewinkt und bezeichnet die Meldung als „Ente“ handle, an dem Gerücht eines gemeinsamen Währungsprojekts dürfte also nicht viel dran sein.
Autor Thomas Brummer
Thomas Brummer war bereits für das Anlegermagazin "Der Aktionär" und das Verbraucherportal biallo.de tätig. Zudem hospitierte er in der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Mitglied der Redaktion und seit 2020 als stellvertretender Chefredakteur für das Anlegerportal extraETF.com und das Extra-Magazin verantwortlich.