ROUNDUP: Merck zuversichtlich für die Zukunft - baut verstärkt auf KI
DARMSTADT (dpa-AFX) - Der Darmstädter Merck-Konzern (Profil) rechnet sich durch den Boom bei Anwendungen für Künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft ein stärkeres Wachstum in seinem Halbleitergeschäft aus. Auf einem Kapitalmarkttag in Darmstadt hob das Management am Donnerstag seine mittelfristigen Ambitionen für die Sparte an. An der Börse sorgte dies für kräftigen Kursauftrieb - obwohl Konzernchefin Belen Garijo zugleich die Ziele für das Medikamentengeschäft und die Laborsparte dämpfen musste.
Rückenwind durch "robuste globale Wachstumstrends" sieht Merck aber in allen drei Geschäftsbereichen. Nach dem Corona-Boom und dem schwierigen Übergangsjahr 2023 will der Konzern so wieder zu nachhaltigem Wachstum zurückkehren. Bereits im aktuellen Jahresverlauf geht es bei den Darmstädtern wieder aufwärts, und der Vorstand bekräftigte nun auf der Analystenveranstaltung seine bereits im Sommer angehobenen Ziele.
Die im Dax <DE0008469008> notierte Merck-Aktie kletterte in der Frühe auf die Nachrichten um bis zu 9 Prozent und erreichte damit ein Hoch seit Ende September. Zuletzt rangierte sie noch mit gut 5 Prozent Plus unter den besten Werten im deutschen Leitindex. Kursunterstützung kam auch aus der breiteren Branche durch sehr positiv aufgenommene Aussagen des Laborzulieferers Sartorius (Profil) zur Neunmonatsbilanz.
In der Elektroniksparte, die Lösungen für die Halbleiter- und Displayindustrie entwickelt, rechnet sich Merck nun mittelfristig einen Umsatzanstieg von im Schnitt fünf bis neun Prozent pro Jahr aus - statt der ursprünglich geplanten drei bis sechs Prozent. Merck hatte 2019 den Bereich mit dem Zukauf des US-Konzerns Versum Materials erstmals auf die Halbleiterindustrie ausgerichtet. Diese Ausrichtung wird jetzt mit der geplanten Übernahme von Unity-SC weiter forciert. Die Franzosen stellen Mess- und Prüfgeräte her, die den Angaben zufolge die Herstellung effizienterer Chips ermöglichen sollen. Im Gegenzug verkaufte Merck zuletzt sein Pigmentgeschäft für 665 Millionen Euro an den chinesischen Hersteller GNMI.
Gestützt auf gute Geschäfte mit Halbleitermaterialien für KI-Anwendungen, aber auch mit Krebsmedikamenten hatte Merck bereits Ende Juli seine Gewinnprognose für dieses Jahr angehoben. "Wir haben uns vorgenommen, 2024 wieder zu wachsen - und dieses Wachstum zeigt sich bereits", betonte Garijo. Für das zweite Halbjahr wird vor allem der Aufschwung durch verbesserte Markttrends in der Elektroniksparte und auch im Laborgeschäft erwartet.
Auf konkrete Nachfragen von Analysten zum kommenden Jahr blieb die Merck-Chefin vorerst vage, sie rechne aber mit einem anhaltenden Anziehen der Geschäfte. Offen bleibt damit vorerst, ob der Konzern sein ursprüngliches Mittelfristziel für 2025 von 25 Milliarden Euro Umsatz noch erreichen kann. Analysten rechnen aber nicht damit, sie gehen laut der Nachrichtenagentur Bloomberg für 2025 von gut 22,5 Milliarden aus. 2024 will Merck beim Umsatz nach zuvor 21 Milliarden Euro 20,7 bis 22,1 Milliarden Euro erreichen.
In der Pharmasparte muss der Dax-Konzern künftig jedoch kleinere Brötchen backen, denn in den vergangenen Monaten mussten die Darmstädter nach gescheiterten Medikamententests ihre Hoffnungen auf das Krebsmittel Xevinapant und Evobrutinib bei Multipler Sklerose abschreiben. Damit ist die eigene Forschungspipeline bis auf wenige Ausnahmen nahezu leergefegt. Merck will zwar verstärkt Medikamente anderer Unternehmen einlizensieren, auf mittlere Sicht traut der Konzern dem Pharmageschäft aber lediglich noch ein leichtes jährliches Umsatzplus zu. Bisher war ein prozentual mittlerer einstelliger Zuwachs angepeilt.
Übernahmen blieben auch in Zukunft ein fester Bestandteil der Merck-Strategie, bekräftigte Garijo ferner. Dabei liege der Fokus für größere Zukäufe auf dem Laborgeschäft. Hier sinken die Mittelfristambitionen ebenfalls etwas - von zuvor durchschnittlich sieben bis zehn auf nun sieben bis neun Prozent Wachstum pro Jahr. Grund seien gedämpfte Erwartungen an das China-Geschäft, hieß es.
Ab 2026 will Merck dann seine Investitionsausgaben von aktuell 1,6 bis 1,8 Milliarden senken und damit wieder auf ein "normales" Niveau bringen. Die Kapazitäten in Forschung, Entwicklung und Produktion seien zuletzt bereits "massiv" ausgeweitet worden, erläuterte Garijo den Schritt./tav/nas/men