ROUNDUP 2: US-Finanzinvestor KKR will Encavis kaufen - Auch Viessmann beteiligt
(neu: Aussagen aus Gesprächen mit Management, Aktienkurs, Analysten)
HAMBURG (dpa-AFX) - Der US-Finanzinvestor KKR (Profil) will den Hamburger Wind- und Solarparkbetreiber Encavis (Profil) übernehmen. Ein von KKR geführtes Konsortium biete den Encavis-Aktionären 17,50 Euro je Aktie, teilte das Unternehmen am Donnerstagmorgen mit. Als Co-Investor ist auch das Familienunternehmen Viessmann beteiligt. Die Encavis-Aktie sprang um ein Viertel an. Die Offerte bewertet das Hamburger Unternehmen mit insgesamt gut 2,8 Milliarden Euro.
KKR habe verbindliche Vereinbarungen mit Ankeraktionären von Encavis vereinbart, die fast ein Drittel an dem Unternehmen halten, hieß es weiter. Die Encavis-Führungsgremien haben der Investorenvereinbarung laut Mitteilung zugestimmt und befürworten das Angebot.
Mit einem Kurs von zuletzt 16,87 Euro notierte das Papier knapp unter dem in Aussicht gestellten Übernahmepreis. Bevor erstmals Berichte über das mögliche Kaufinteresse aufkamen, stand die Aktie bei 11,35 Euro.
Der gebotene Preis bedeutet für die Encavis-Anleger einen Aufschlag von 54 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom 5. März. Tags darauf hatten die Hamburger die Verhandlungen über eine mögliche Übernahme durch den US-Finanzinvestor bestätigt. Zuvor hatte bereits die Nachrichtenagentur Bloomberg über das bestehende Kaufinteresse berichtet.
Viessmann werde 25,1 Prozent an Encavis halten, sagte Boris Scukanec Hopinski, der im Führungsteam des Familienunternehmens für das operative Geschäft zuständig ist, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Donnerstag. Der 1917 gegründete hessische Heizungsbauer hatte im vergangenen Jahr seine Klimasparte für rund 12 Milliarden Euro an den US-Konkurrenten Carrier Global veräußert. Die übrigen Aktivitäten erwirtschaften rund eine Milliarde Euro Jahresumsatz.
Hopinski kann sich gut vorstellen, dass es auch über das finanzielle Engagement hinaus zwischen Encavis und Viessmann Zusammenarbeit geben wird: "Wir denken unternehmerisch und wollen uns auch in das Konsortium entsprechend einbringen", sagte der Manager. "Unser Portfolio an existierenden Unternehmen wird sicherlich den ein oder anderen Verknüpfungspunkt mit Encavis in Zukunft anbieten."
Weiterhin soll Abacon in Zukunft circa 12,5 Prozent an Encavis halten, sagte der leitende Manager Tobias Krauss im Interview. Die Vermögensverwaltung der Hamburger Milliardärs-Familie Büll hielt bislang gut ein Viertel an dem MDax <DE0008467416>-Konzern. Familienoberhaupt Albert Büll gilt als persönlich verbunden. Dieser sei mit der gefundenen Lösung sehr glücklich, sagte Krauss.
Das Übernahmeangebot für Encavis unterliegt der Mitteilung zufolge einer Mindestannahmeschwelle von gut 54 Prozent. Das Ziel gelte unter Berücksichtigung von Wandelanleihen. Die Transaktion soll im vierten Quartal 2024 abgeschlossen werden. KKR will Encavis von der Börse nehmen.
"Wir können uns als nicht börsennotiertes Unternehmen schneller weiterentwickeln", sagte Encavis-Chef Christoph Husmann. Die Energiebranche habe sich verändert. Durch den Einstieg von Private-Equity-Investoren und das zunehmende Engagement großer Energiekonzerne in Europa. "Da sind wir dann nur noch ein vergleichsweise kleines Unternehmen", sagte der Manager. Die nun getroffene Entscheidung hält er für nötig, um mit dem Marktumfeld Schritt halten zu können. Den Angestellten versprach Husmann: "Encavis bleibt Encavis - das haben wir uns von den Partnern versichern lassen."
JPMorgan-Analyst Martin Comtesse verwies darauf, dass es für KKR nicht die einzige Transaktion im europäischen Energiesektor innerhalb weniger Monate sei. Im Dezember griffen die Amerikaner bereits nach dem britischen Energieinfrastruktur Smart Metering Sytems Plc sowie dem portugiesischen Energieunternehmen Greenvolt.
"Es ist damit zu rechnen, dass wir noch aktiver werden im erneuerbaren Energiesektor", sagte KKR-Manager Vincent Policard im Interview. Die Branche gehöre neben der digitalen Infrastruktur zu den Hauptthemen, mit denen sich KKR seit 15 Jahren engagiere.
Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Offerte gab Encavis vorläufige Zahlen für 2023 sowie einen Ausblick auf 2024 und die Jahre darüber hinaus bekannt. In den kommenden Jahren soll das Portfolio aus Wind- und Solarparks stärker wachsen als bislang geplant. Bis Ende 2027 sollen die Erzeugungskapazitäten bei 7 Gigawatt liegen. Bislang hatte das Management 5,8 Gigawatt avisiert.
Für das laufende Jahr rechnet Encavis mit einem Rückgang des operativen Gewinns, vor allem wegen geringerer Stromgroßhandelspreise in einem herausfordernden Marktumfeld, wie es hieß. Das Unternehmen strebt für 2024 einen leichten Umsatzanstieg auf 460 Millionen Euro an. Davon sollen mehr als 300 Millionen als bereinigter Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verbleiben.
Vergangenes Jahr erzielte Encavis Erlöse von gut 449 Millionen Euro. Der operative Gewinn belief sich auf gut 319 Millionen und lag damit rund neun Prozent unter dem Vorjahreswert./lew/niw/jha/