ROUNDUP 2: Aixtron erwartet 2024 weniger Wachstum - AMS-Osram macht Sorgen
(neu: Details zu AMS-Osram, Jefferies-Analystin zum Ausblick)
HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Der Chipindustrie-Ausrüster Aixtron (Profil) rechnet 2024 mit zumindest deutlich langsamerem Wachstum. Gegenwind liefert laut Experten etwa ein trägerer E-Auto-Markt. Für das kommende Jahr 2025 erwartet Unternehmenschef Felix Grawert laut Mitteilung vom Donnerstag dann aber wieder einen starken Erlösanstieg, "getragen durch die nächste Wachstumswelle im Bereich Leistungselektronik." Ob die Streichung eines LED-Schlüsselprojekts beim Kunden AMS-Osram (Profil) diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung macht, wird sich zeigen. An der Börse sorgte die Nachrichten von AMS-Osram für Verunsicherung.
Die Aixtron-Papiere notierten gegen Mittag noch gut 14 Prozent im Minus bei 27,06 Euro, was den letzten Platz im MDax <DE0008467416> bedeutete. Der Kursverlust 2024 wuchs damit auf rund 30 Prozent. Allerdings blicken Anleger auch auf fünf Gewinnjahre in Folge mit einem Anstieg um insgesamt rund 360 Prozent zurück.
Ein Händler sprach in einer ersten Reaktion von einem eher tristen Geschäftsausblick. Als Stimmungsdämpfer kämen die Nachrichten von AMS Osram hinzu. Das Unternehmen stutzte aufgrund einer unerwarteten Auftragsstornierung bei einem wichtigen LED-Projekt die Mittelfristziele. Deswegen würden die Nutzungsmöglichkeiten aller zu dieser Strategie gehörenden Vermögenswerte hinterfragt, hieß es. Betroffen ist auch die neue 8-Zoll-LED-Fabrik in Kulim in Malaysia.
Die Projektstreichung bei AMS-Osram sende negative Signale für das mittelfristige Wachstum des Anlagelieferanten Aixtron, erklärte der Händler. Die hohen Markterwartungen für 2025 und die folgenden Jahre basierten auch auf einer zunehmenden Verwendung von MicroLEDs durch Konsumelektronikanbieter. Da nun ein großer Konzern erst einmal Abstand davon nehme, erscheine die Wachstumserwartungen an Aixtron zu optimistisch. Laut der Einschätzung von Olivia Honychurch von Jefferies Research handelt es sich bei dem Konzern um Apple (Profil).
Noch macht das Geschäft mit Anlagen zur MicroLED-Herstellung bei Aixtron allerdings nur einen kleinen Teil aus - 2023 waren es rund 11 Prozent. Gleichwohl erwarteten Experten für die kommenden Jahre eigentlich ein Wachstum dieser Aktivitäten.
Für 2024 geht Aixtron erst einmal davon aus, dass die Erlöse 630 bis 720 Millionen Euro erreichen werden, wie das Unternehmen am Donnerstag in Herzogenrath mitteilte. Nach einem Umsatzanstieg um 36 Prozent auf knapp 630 Millionen Euro 2023 wäre das bestenfalls ein Plus von gut 14 Prozent. Die aktuellen Neuigkeiten von AMS-Osram hätten keinen Einfluss auf die Prognose, sagte eine Sprecherin. Mit Blick auf die folgenden Jahre sieht ein erster Experte aber bereits Gegenwind.
Dass die Prognosespanne für 2024 größer als in der Vergangenheit üblich sei, liege wohl auch an der zunehmenden Größe von Einzelaufträgen sowie Unsicherheit in puncto Exportlizenzen, erklärte Jefferies-Expertin Honychurch weiter. Mit letzterem hatte Aixtron, wie andere Halbleiterunternehmen auch, 2022 und 2023 teils Probleme. Hintergrund waren Personalengpässe bei den Genehmigungsbehörden sowie ein kritischerer Blick westlicher Staaten auf Technologien, die an chinesische Kunden verkauft werden.
Als Gewinn vor Zinsen und Steuern sollen vom Umsatz im Jahr 2024 etwa 24 bis 26 Prozent hängen bleiben. Die Analystenschätzung liegt beim Umsatz in der oberen Hälfte der Umsatzspanne, bei der operativen Gewinnmarge allerdings über dem Ziel des MDax-Konzerns.
Im vergangenen Jahr schaffte Aixtron eine Marge von 25 Prozent, womit sich ein operatives Ergebnis von 156,8 Millionen Euro ergab. Das waren 50 Prozent mehr als 2022. Analysten hatten sich etwas mehr erhofft. Allerdings gab Aixtron 2023 deutlich mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus, um das künftige Unternehmenswachstum anzutreiben. Zudem erfolgte im Schlussquartal der Spatenstich für den Bau eines Innovationszentrums am Hauptsitz in Herzogenrath, das insgesamt rund 100 Millionen Euro kosten soll. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen im vergangenen Jahr 145,2 Millionen Euro und damit 45 Prozent mehr als 2022. Die Dividende soll nun um 0,09 Cent auf 0,40 Euro je Anteilschein steigen.
Mit Blick auf die Prognosen für das laufende Jahr hatte Analystin Madeleine Jenkins von der Schweizer Bank UBS unlängst schon vor zu hohen Erwartungen gewarnt, auch weil das Wachstum des gesamten Marktes für Elektroautos nachlasse. Zudem verwies sie im Speziellen auf den Elektroautopionier Tesla (Profil), der im Januar für 2024 ein wahrscheinlich langsameres Wachstum der Auslieferungen in Aussicht gestellt hatte und die nächste Wachstumswelle auf Basis neuer Plattformen 2025 sieht. Das sei wichtig, weil Tesla einer der größten Verbraucher von Siliziumcarbid-Chips sei und weil es ein Signal für die Entwicklung des Elektroautomarktes insgesamt sei.
Im alten Jahr profitierte Aixtron aber noch deutlich vom Kapazitätsausbau durch Chipkonzerne und ging mit einem Auftragsbestand für Anlagen in Höhe von 353,7 Millionen Euro ins neue Jahr. Kunden stecken aktuell viel Geld in die Produktion moderne Chips. So sind Elektronikchips auf Siliziumcarbid-Basis (SiC) energieeffizienter und temperaturbeständiger als klassische Siliziumchips, was Voraussetzung etwa für Schnellladetechnik für E-Autos ist. Zudem ermöglichen sie den Bau kleinerer Batterien bei gleicher Reichweite. Auch mit Blick auf den Ausbau der Alternativen Energien werden Hochvolt-SiC-Bauelemente interessanter.
Thema sind aber auch Leistungs- und Hochfrequenz-Elektronikchips auf Basis von Galliumnitrid (GaN). Diese haben klassische Siliziumteile in Schnelllade-Netzteilen etwa von Smartphones mittlerweile ersetzt. Weitere Anwendungen dürften folgen. "Wir sehen eine steigende Nachfrage für Anwendungen in weltweiten Rechenzentren oder bei Solaranlagen", hatte Aixtron-Chef Grawert im Herbst gesagt./mis/la/he/men/lew/stk