MONTE CARLO/ROUNDUP: Munich Re erwartet mehr Nachfrage und teurere Schäden
MONTE CARLO (dpa-AFX) - Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re (Profil) rechnet trotz stark gestiegener Prämien mit einer weiter hohen Nachfrage nach Rückversicherungsschutz. So stark wie in den vergangenen drei Jahren dürfte es zunächst aber vorerst nicht mehr aufwärtsgehen, teilte der Dax-Konzern <DE0008469008> am Sonntag beim jährlichen Branchentreffen in Monte Carlo mit. Dabei werden die Versicherungsschäden in einigen Bereichen immer teurer.
Seit Samstag (7. September) treffen sich Rückversicherer wie Munich Re, Swiss Re (Profil) und Hannover Rück (Profil) im Fürstentum Monaco mit Maklern und Kunden - also Erstversicherern wie Allianz (Profil) und Axa (Profil). Im Fürstentum Monaco loten sie Preise und Konditionen für die große Vertragserneuerung zum kommenden Jahreswechsel aus. In den vergangenen Jahren hatten die Rückversicherer ihre Preise deutlich erhöht.
Munich-Re-Vorstand Thomas Blunck sagte seiner Branche weiteres Wachstum voraus. In den Jahren 2024 bis 2026 dürften die Prämieneinnahmen in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung im jährlichen Schnitt weltweit um 2 bis 3 Prozent wachsen. Derzeit befinde sich der Markt "in einem vernünftigen Gleichgewicht", sagte der Manager.
In den drei Jahren zuvor waren die Prämieneinnahmen im weltweiten Schaden- und Unfall-Rückversicherung laut Munich Re durchschnittlich um etwa 4 Prozent gestiegen. Auch hier kamen die inflationsbedingten Preiserhöhungen noch obendrauf. Erstversicherer mussten daher deutlich mehr Geld auf den Tisch legen, um Risiken aus ihren Versicherungsverträgen an Rückversicherer weiterzureichen.
Wegen der höheren Einnahmen und vergleichsweise geringer Schäden gelang es den Rückversicherern 2023, ihre Kapitalkosten zu verdienen. In vier der vergangenen sieben Jahre sei dies jedoch nicht gelungen, sagte Blunck. Er und sein Vorstandskollege Stefan Golling pochten deshalb auf weitere Prämienerhöhungen.
Wenn die Konditionen nicht profitabel genug seien, werde die Munich Re auch auf den Abschluss von Verträgen verzichten, sagte Golling vor Journalisten in Monte Carlo. Dabei hat der Manager besonders das Haftpflichtgeschäft in den USA im Blick. In der Vergangenheit hätten viele Unternehmen der Branche nach hohen Schäden oft gelobt, keine unrentablen Verträge mehr zu unterzeichnen. Immer wieder seien sie jedoch in ihr altes Verhalten zurückgefallen.
Dass die versicherten Schäden immer teurer werden, liegt auch an einer wachsenden Zahl von Schwergewittern mit Hagel, Tornados und Hochwasser, aber auch Waldbränden. Solche Ereignisse haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. So überstiegen die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen in immer mehr Jahren die Marke von 100 Milliarden US-Dollar (rund 90 Mrd Euro).
Außerdem machen der Branche Sammelklagen gegen Industrieunternehmen zunehmend zu schaffen - vor allem in den USA. Dort halte der Trend zu Urteilen mit immer höheren Schadenersatzsummen an, schreibt die Munich Re. Davon profitierten spezialisierte Anwälte und Investoren, die solche Verfahren finanzieren, schreibt die Munich Re.
Aus Sicht des weltweit zweitgrößten Rückversicherers Swiss Re verteuern sich dadurch die Haftpflichtschäden in einem Maß, das durch die Entwicklung von Löhnen oder Verbraucherpreisen nicht zu erklären ist. Eine solche Verteuerung von Schäden nennt man in der Branche "soziale Inflation".
Als Ursachen nannte die Swiss Re am Wochenende Trends in der sozioökonomischen Entwicklung, der Gesetzgebung und der Klärung von Rechtsstreitigkeiten. Dazu gehöre die Tendenz, Schadensersatzansprüche zunehmend gerichtlich zu regeln. Nach Darstellung der Munich Re hält der Anstieg der Versicherungsprämien in den USA damit in vielen Jahren nicht Schritt.
Der Swiss Re zufolge hat die soziale Inflation die US-Haftpflichtschäden in den vergangenen zehn Jahren um 57 Prozent nach oben getrieben. Allein im Jahr 2023 habe der Anstieg 7 Prozent betragen, berichtete der Konzern in einer am Samstag veröffentlichten Studie. Damit treibe die soziale Inflation die Haftpflichtschäden stärker nach oben als die wirtschaftliche Inflation.
Während die soziale Inflation bisher vor allem in den USA relevant ist, befürchtet die Swiss Re ein Übergreifen auf Länder mit einem ähnlichen Rechtssystem. Dies würde etwa für Großbritannien, Australien und Kanada gelten. In Deutschland und Frankreich spiele sie bisher keine große Rolle, heißt es in der Studie.
Das Branchentreffen "Rendez-Vous de Septembre" findet seit 1957 im Fürstentum Monaco statt. Das viertägige Treffen an der Côte d'Azur dauert noch bis Dienstag. Dort werden mehr als 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus etwa 80 Ländern erwartet./stw/men