11. Mai 2015
anleihenetf

Kluge machen Kasse!

Die Zinsen für Bundesanleihen können nicht steigen – das glauben immer mehr Anleger, seitdem die Notenbank massiv Wertpapiere kauft.

Doch wer so denkt, macht die Rechnung ohne die EZB und ohne die Konjunktur.

Mit dem Beginn der Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Stimmung vieler Anleger gedreht: Sie gehen davon aus, dass die Zinsen für deutsche Anleihen bis Ende 2016 gar nicht steigen können, und kaufen verstärkt Rentenfonds, um Kursgewinne zu erzielen. Begründung: Die Notenbank pumpt jeden Monat 60 Milliarden Euro in den Markt, davon allein 10 Milliarden in deutsche Titel. Diese Summe ist weit höher, als an deutschen Anleihen zum Verkauf steht – das drückt deren Zinsen und hebt die Kurse, so der Gedanke.

Stephan Albrech 2  

Stephan Albrech

Albrech & Cie

Vermögensver-

waltung AG

 

In der Tat ging diese Rechnung bisher auf. Der Zins * für zehnjährige deutsche Staatsanleihen brach jüngst bis auf 0,05 Prozent ein. Doch deswegen jetzt noch auf Rentenfonds zu setzen, wie es Anleger zunehmend tun, dürfte ins Fiasko führen. Der wohl wichtigste Grund: Die EZB will Staatsanleihen nur kaufen, wenn deren Rendite oberhalb ihres Einlagezinssatzes von minus 0,2 Prozent liegt. Deshalb kommt das große Segment kurz laufender Papiere für EZB-Käufe schon nicht mehr in Frage, denn Anleihen mit bis zu drei Jahren Laufzeit rentieren mit weniger als minus 0,23 Prozent.

Diese beschränkte Auswahl an deutschen Anleihen war wohl verantwortlich dafür, dass jüngst die Renditen für die Zehnjährigen so drastisch einbrachen – schließlich musste sich die EZB im Falle Deutschlands wohl oder übel auf das Segment der mittel- und langlaufenden Papiere konzentrieren. Spätestens, wenn deren Renditen die Marke von minus 0,2 Prozent erreichen, wird die EZB als Käufer ausfallen. Und spätestens dann, so meine Prognose, wird sich die Hoffnung auf Kursgewinne umkehren in die Furcht, dass zu viele Anleihen angeboten werden und die Zinsen steigen.

Zu steigenden Zinsen und damit zu Kursverlusten mit Anleihen könnten aber auch eine bessere Konjunktur und etwas höhere Inflationserwartungen führen. Unwahrscheinlich ist das nicht, wie der jüngste ifo-Index zeigt – der Indikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft hat sich im April überraschend positiv entwickelt. Wenn in einem solchen Umfeld die Anleger nervös werden und deutlich mehr Anleihen auf den Markt bringen, als die EZB kaufen kann, wird es ungemütlich am Rentenmarkt. Vermutlich sind sich die wenigsten Anleger, die jetzt noch auf den Kursgewinn-Zug aufspringen, der Gefahren bewusst, die schon in einem geringen Zinsanstieg stecken.

Statt jetzt Neuengagements in länger laufende Bundesanleihen einzugehen, lautet unser Rat: Kluge Anleger machen jetzt Kasse und sichern sich die – je nach Kaufzeitpunkt und Restlaufzeit – teils erheblichen Kursgewinne. Das frei gewordene Geld sollte dann in attraktivere Anlageklassen, etwa den Aktienmarkt, fließen. Im Depot bleiben nur jene Bundesanleihen, die man wegen des attraktiven Kupons bis zum Ende der Laufzeit hält oder mit denen man sich gegen Deflation und andere Krisen absichert.