4. Januar 2020
Crash-Prophet und ihre Aussagen

Ich bin kein Crash-Prophet, aber...

Er hatte lange Anlauf genommen, dann schaffte es der Dax mal wieder über die 13.000 Punkte. Während die Börsen feiern, in den USA sogar mit Rekordständen, bleibt eine Frage unbeantwortet: Wie lange kann das noch so weitergehen?

Die Standardantwort der Chefvolkswirte und Analysten lautet: Solange Aktien alternativlos sind. Also solange, wie mit Zinspapieren nichts zu verdienen ist. Solange die Notenbanken die Zinsen so niedrig halten. Diese Betrachtung hat einiges für sich, schwächelt aber in zwei wesentlichen Punkten.

Zum einen: Mit Zinspapieren war nicht wenig, sondern enorm viel Geld zu verdienen. Nicht für denjenigen, der die Papiere wegen des Kupons kauft und bis zur Endfälligkeit hält. Wer Rentenpapiere mit dem Blick auf Kurssteigerungen kaufte, hat mit Sicherheit ganz gut verdient. Der andere Schwachpunkt ist die Qualität der Aktien: Eine hohe und mit billigem Geld gepuschte Nachfrage hat alle Aktien steigen lassen. Die Bewertung mancher Unternehmen ist so hoch, dass selbst in Jahrzehnten der Einstiegspreis nicht aus den Dividenden zurückverdient werden kann.

Die beiden Punkte zusammengenommen bedeuten jetzt vor allem eines: Rentenpapiere und Aktien sind teuer. Irgendwann werden die Investoren das merken. Irgendwann verkauft jemand, weil er nicht mehr an weitere Gewinne glaubt.

Dann wird es für Anleger richtig bitter. So wie Aktien und Renten gleichermaßen nach oben liefen, was die Kurse anging, so werden sie parallel nach unten gehen. Verluste auf der einen Seite sind dann nicht mehr durch Gewinne auf der anderen Seite aufzuholen. Das bedeutet: Kursverlust durch Ausverkauf.

Höhere Zinsen wären ein Auslöser. Genauso, wie eine der vielen Krisen weltweit. Kriege oder Klimakatastrophen waren noch nie gut fürs Geschäft und drücken böse auf die Stimmung. Angesichts der Vielzahl der Krisen ist es verwunderlich, dass die Märkte so steigen. Etwas mehr vornehme Zurückhaltung wäre schon angebracht. Aber noch hat die Gier die Märkte fest im Griff und jeder hat Angst, zu früh auszusteigen. Zudem stehen wir gerade in dem Halbjahr (November bis April), in dem historisch gesehen die Märkte fast immer steigen. Insofern ist es durchaus schlau, zunächst mitzumachen und im Markt zu bleiben. Danach ist dann das berühmte „Sell in May and go away“ zu testen.

Wann endet der Anstieg? Die wirtschaftlichen Aussichten drehen schon jetzt. Die Zinsen können wohl kaum noch sinken, die Krisen nehmen zu. Jetzt müsste man sagen: „Ich bin ja kein Crash-Prophet, aber…“, doch dafür ist es noch zu früh. Noch vor einigen Jahren hätte eine solche Konstellation einen großen Crash ausgelöst. Heute arbeiten alle Marktteilnehmer Hand in Hand daran, es nicht soweit kommen zu lassen. Es gibt einfach niemanden, der den Crash will.

Obwohl: Vor die Wahl gestellt, aus dem Amt gejagt zu werden oder die eigenen Leute angesichts einer (Börsen)-Krise hinter sich zu versammeln, könnte der ein oder andere Machthaber schon auf die Idee kommen, den Crash auszulösen. Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt.

Über den Autor: Uwe Zimmer

Uwe Zimmer ist Geschäftsführer der Fundamental Capital GmbH in Köln.

Tipp: Warum man beim Investieren nicht alles auf eine Karte setzen sollte, erfahren Sie in unserem Wissensbeitrag zum Thema Diversifikation.