16. November 2017
Andreas Görler

Andreas Görler: Keine Garantien, aber Rendite

„Die jahrzehntelang antrainierte Mentalität, dass man Altersvorsorge über die gesetzliche Rentenversicherung, Lebensversicherungen, festverzinsliche deutsche Staatsanleihen und Festgelder gestalten kann, gilt nicht mehr“, so Andreas Görler

Andreas Görler über die Renditechancen bei der Altersvorsorge

Unabhängig davon, wann wir in den Ruhestand gehen, muss davon ausgegangen werden, dass die gesetzliche Rente in vielen Fällen nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard im Alter zu halten. Aktuell geht man davon aus, dass 80 bis 85 Prozent des letzten Nettogehaltes ausreichen sollten, um keine wesentlichen Abstriche machen zu müssen. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Rentenniveau zum Jahr 2030, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen, auf etwa 43 Prozent sinken wird.

Schon seit Jahren ist es daher sinnvoll, selbst einen Teil der Altersvorsorge in die Hand zu nehmen. Leider ist das bisherige Anlageverhalten nicht geeignet, einen Substanzerhalt, geschweige denn einen Vermögensaufbau, zu gewährleisten. Von den 5,7 Billionen Euro Anlagevermögen sind 3,50 Billionen auf Tagesgeld-, Spar- und Festgeldkonten geparkt. Etwa eine Billion ist in Lebensversicherungen investiert.

Das Sicherheitsdenken und der Wunsch nach Garantien sind bei deutschen Sparern immer noch stark verankert. Von einer Aktienkultur wie in den USA oder in den europäischen Nachbarländern ist man noch weit entfernt. So bevorzugen viele Kunden immer noch Anlagestrategien mit niedriger Mindestverzinsung und ohne hohe Risiken gegenüber Strategien mit einem höheren Chance-Risiko-Profil.

Vielen Kunden sind der Preis einer Kapitalgarantie und der Zusammenhang mit dem Zinsniveau einer Volkswirtschaft immer noch nicht klar. Garantien sind umso teurer, je niedriger das Zinsniveau ist. Bei einem sicheren Zins * von 0,5 Prozent betragen die Garantiekosten bereits das Doppelte der eingezahlten Beiträge. Insbesondere bei langen Laufzeiten stehen die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Die Altersvorsorge sollte auf mehrere Säulen verteilt werden. Für die meisten Menschen bleibt die gesetzliche Rente das wichtigste Standbein. Viele Unternehmen bieten auch unterschiedliche Varianten der betrieblichen Altersvorsorge. Die Angebote sind allerdings nicht immer besonders transparent.

Zudem ist es notwendig, den Aktienanteil in den Portfolios deutlich zu erhöhen, um akzeptable Renditen zu erreichen. Außerdem muss man beim Einsatz von Rentenpapieren viel aktiver werden und sich verstärkt Unternehmensanleihen und Währungsanleihen anschauen. Wenn man einen Blick auf aktuelle Erhebungen wirft, benötigt man einen Aktienanteil von rund 55 Prozent, um nach Kosten und Steuern eine jährliche Wertsteigerung von zwei Prozent zu erzielen. Das bedeutet automatisch, dass sich der deutsche Anleger auf höhere Volatilität im Portfolio einstellen und diese auch aushalten muss.

Über den Autor

Andreas Görler ist Senior Wealthmanager bei der Wellinvest – Pruschke & Kalm GmbH in Berlin.