18. August 2017

DVFA-Umfrage: Zunehmendes ETF-Wachstum und die Marktfolgen

ETFs haben das bessere Preis-/Leistungsverhältnis, aber das Potenzial, die Stabilität der Finanzmärkte zu beeinträchtigen. Das ETF-Wachstum werde auch Dank zunehmender Regulatorik weiter zunehmen. Die Preisverzerrungen schaffen Chancen für aktives Asset Management. Indexanbieter sollten reguliert werden, so die wichtigsten Ergebnisse einer Umfrage des Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA).

„Passives Investieren ist auf dem Vormarsch. In Europa werden bereits annähernd 600 Mrd Euro in ETFs verwaltet. Während die ETF-Branche Absatzrekorde feiert, warnen die Verfechter aktiven Managements vor Marktverzerrungen und Governance Problemen. Ebenfalls geteilter Meinung sind die im DVFA e.V. organisierten Investment Professionals in Deutschland: Sie erkennen an, dass ETFs das bessere Preis-/Leistungsverhältnis haben (74 Prozent). Gleichzeitig sehen sie aber, dass der Siegeszug passiven Investierens das Potenzial hat, die Stabilität der Finanzmärkte zu beeinträchtigen (62 Prozent)“, das berichtet die DVFA.

Vorstandsvorsitzender Stefan Bielmeier kommentiert: „Sollte der Anteil von Indexprodukten weiter zunehmen und tatsächlich zu Anzeichen von Fehlbewertungen führen, würde dies im Gegenzug die Chancen für aktive Fondsmanager wieder erhöhen. So könnte die Effizienz der Märkte bei der Preisfindung wiederhergestellt werden“.

Meiste aktiv gemanagte Fonds kleben zu stark am Index – ETFs sind so preiswerte Alternative

Die überwältigende Mehrheit der Analysten, Fondsmanager, Banker und Berater (90 Prozent) rechne in der Umfrage damit, dass sich das ETF-Wachstum sogar noch beschleunige (41 Prozent). Das liege vor allem daran, dass die meisten aktiv gemanagten Fonds zu stark am Index klebten (76 Prozent). Zudem wiesen ETFs das bessere Preis-/Leistungsverhältnis auf (74 Prozent). Die oft angeführte Begründung, aktives Management bringe in den seltensten Fällen Outperformance, teilen hingegen nur 57 Prozent der Befragten. 38 Prozent sind dezidiert anderer Meinung. Die großen Marketinganstrengungen der ETF-Anbieter hielten dementsprechend fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) für ein wichtiges Erfolgskriterium. Außerdem erhalte der Vertrieb von ETFs Rückenwind von der Regulatorik – etwa durch die Mifid II (50 Prozent). Nur 35 Prozent der Befragten erwarte jedoch infolge des hohen ETF-Wachstums neue Mitbewerber. Die Mehrheit hingegen prognostiziert eher eine Konsolidierung des Marktes (50 Prozent).

Umstritten: ETFs und Auswirkung auf Corporate Governance

Was die Rolle der ETFs als treuhänderische Eigentümer von Unternehmen angeht, ist laut der DVFA-Umfrage die Meinung der Investment Professionals ebenfalls geteilt. Zwar glaube die Hälfte von ihnen, dass durch einen immer höheren Anteil passiver Investoren die Corporate Governance bei den investierten Unternehmen leide. Aber 23 Prozent seien in dieser Frage unentschieden, und 27 Prozent würden dieses Problem nicht sehen. Jedenfalls wachse der Einfluss der ETF-Anbieter auf die von ihnen gehaltenen Unternehmen (72 Prozent)“.

ETF-Wachstum: Preisverzerrungen und negative Auswirkung auf Liquidität & Volatilität

An Preisverzerrungen durch indexgebundenes Investoren glauben laut DVFA-Umfrage 58 Prozent der Befragten. Noch mehr Zustimmung finde die Annahme, dass ein größer werdender Anteil passiven Investierens einen negativen Einfluss auf die Liquidität und Volatilität der im Index enthaltenen Einzeltitel habe (64 Prozent). Die in der Wissenschaft vereinzelt vorgebrachte These vom „Common Ownership“, nach der große Indexfonds den Wettbewerb behindern, weil ihnen als Miteigentümer vieler Unternehmen der Erfolg ganzer Branchen wichtiger sei als der des einzelnen Unternehmens, überzeuge die Praktiker hingegen nich. Dieser Meinung hätten nur 39 Prozent zugestimmt.

Mehr Index-Transparenz: Indexanbieter sollten reguliert werden

Zwei Drittel der Investment Professionals sehen laut der DVFA-Umfrage umso mehr Chancen für aktive Manager, je mehr Geld passiv verwaltet werde. Schließlich würden sie – vor allem im Anleihebereich – die Gewichtung nach Größe in einem Index für ein unsinniges Investitionskriterium (62 Prozent) halten. Mehr Transparenz über die Zusammensetzung eines Index und dessen Veränderung hätten folglich drei Viertel aller Befragten gefordert. Zuletzt habe die Aufnahme chinesischer A-Shares in den MSCI EM-Index gezeigt, dass die Entscheidungen von Indexprovidern nicht nur Kapital€ströme gelenkt hätten, sondern auch politisch wirkten. 55 Prozent der Befragten wünschen sich deshalb eine Regulierung von Indexanbietern.

Die Umfrage wurde in der ersten Augusthälfte durchgeführt; 257 Mitglieder der DVFA nahmen teil.