1. Oktober 2015
dachfondsmarkt

"Der Dachfondsmarkt wird von drei großen Anbietern dominiert"

Barbara Claus, Fondsanalystin bei Morningstar Deutschland über den ETF-Dachfondsmarkt und geeignete Kriterien für die Produktauswahl.

barbaraclausMorningstar untersucht jährlich den ETF-Dachfondsmarkt. Was waren die Ergebnisse Ihrer jüngst durchgeführten Studie?

Im Vergleich zu 2013 ist die Zahl der ETF-Dachfonds im Jahr 2014 leicht von 97 auf 99 gestiegen. Noch deutlicher fiel der Anstieg des investierten Volumens in ETF-Dachfonds aus, das sich gegenüber dem Vorjahr um 17 % auf zuletzt ca. 12,3 Mrd. EUR erhöht hat. Der Einsatz von ETFs in Dachfonds hat sich gegenüber dem Vorjahr ebenfalls deutlich um 11 % erhöht. Insgesamt sind Dachfonds mittlerweile zu gut einem Drittel ihres Fondsvolumens in ETFs investiert, mit steigender Tendenz.

Kann man die in ETF-Dachfonds verwalteten Vermögen kategorisieren? Vielleicht nach Anlagestrategie oder nach Anlageklasse?

Ja. Über ein Viertel (29 %) der ETF-Dachfonds gehören zur Kategorie der globalen Aktienfonds mit Fokus auf Large-Caps. Danach folgen vor allem global ausgerichtete Mischfondsstrategien, wobei defensive und ausgewogene Produkte überwiegen.

Welche Segmente konnten in der Vergangenheit das größte Wachstum erzielen?

Einen besonders hohen Anstieg des verwalteten Vermögens haben wir bei den Fonds für globale Large-Cap-Aktien gesehen. Während ihre Anzahl mit zehn Produkten stabil geblieben ist, hat sich das verwaltete Vermögen 2014 gegenüber dem Vorjahr von etwas mehr als 300 Mio. auf 3,9 Mrd. USD mehr als verzehnfacht; man beachte aber die vergleichsweise geringe Ausgangsbasis. Flexible und aggressive global ausgerichtete Mischfonds haben aber ebenfalls mehr als 30 % an verwaltetem Vermögen zugelegt. Defensive und ausgewogene Strategien haben hingegen Mittelabflüsse hinnehmen müssen. Das Minus im Vergleich zum Vorjahr betrug hier 16 bzw. 17 %. Dies waren auch die beiden Kategorien, in die zuvor mit jeweils über 3 Mrd. USD Volumen am meisten Anlegergelder investiert waren.

Welche Dachfondsanbieter dominieren den Markt? Sind deren angebotene Produkte auch tatsächlich ihr Geld wert?

Der Markt wird klar von den drei großen Anbietern Pioneer Investments, Deutsche Asset & Wealth Management sowie Feri dominiert, die ihn größtenteils unter sich aufgeteilt haben. Kleinere Anbieter wie Veritas, Walser Privatbank oder Bayerninvest spielen nur eine untergeordnete Rolle. Was die Wertentwicklung angeht, konnten die Produkte in Summe bislang weniger überzeugen. Die meisten Dachfonds verfügen über ein unterdurchschnittliches bzw. durchschnittliches Morningstar Rating von zwei oder drei Sternen. Ein Teil der Dachfonds ist aber noch keine drei Jahre am Markt und erhält somit auch noch keine Sterne.

Können Sie Präferenzen feststellen, in welche ETFs die ETF-Anbieter investieren?

Ja, hier gibt es ganz klare Präferenzen zu den ETFs von Blackrock (iShares) und Deutsche Bank (db x-trackers). Db x-trackers ist mittlerweile im Ranking an Blackrock herangerückt, nachdem diese im Jahr zuvor die Rangliste mit einem Volumen von über 4 Mrd. USD klar dominiert hatten. Während Blackrock gegenüber dem Jahr 2013 fast 17 % an Volumen verloren hat, hat db x-trackers um fast 24 % zugelegt. Anbieter wie Lyxor, Amundi und Deka Investment liegen etwas abgeschlagen auf den Plätzen drei bis fünf. Während das Volumen bei Deka Investment um 50 % gefallen ist und die Gesellschaft dadurch von Platz drei auf Platz fünf abrutschte, konnte Amundi einen Zuwachs von 259 % verbuchen und damit auf Platz vier im Ranking vorrücken. Weitere Gewinner waren Vanguard mit 239 % und Commerz Fund Solutions mit 172 %.

Nutzen Fondsprofis eher physisch replizierende ETFs oder eher synthetische ETFs?

Ich denke, dass keiner der beiden Ansätze per se dem anderen überlegen ist. Das Risiko bei Swap-ETFs ist per Gesetz begrenzt und die meisten Gesellschaften setzen ihre Swaps weit vor Erreichen der 10%-Grenze zurück. Historisch führte dieses Verfahren meist zu einer geringeren Tracking-Differenz gegenüber dem Index als bei physisch replizierenden ETFs. Physisch replizierende ETFs sind hingegen oft in Wertpapierleihegeschäften engagiert, was zusätzliche Erträge bringt bei ebenfalls sehr begrenzten Counterparty-Risiken. In den ETF-Dachfonds finden sich sowohl klassische Anbieter von vollreplizierenden ETFs als auch Anbieter von Swap-ETFs. Insgesamt bevorzugt die Masse der Anleger nach wie vor physisch replizierende Produkte, was sich auch hier niederschlägt. iShares, die überwiegend physisch replizierende ETFs anbieten, liegen bei den Anbietern, wie zuvor erwähnt, auf dem ersten Platz. Der zweitplatzierte db x-trackers hat im Jahr 2013 auf die Forderungen des Marktes reagiert und einen großen Teil seiner Produktpalette von synthetisch auf physisch replizierend umgestellt. Damit scheinen physisch replizierende Produkte auch in den Dachfonds insgesamt die Nase vorn zu haben. 

Beobachten Sie den Trend der sogenannten Robo-Advisors?

Ich finde, Robo-Advisors sind ein gutes Tool, um Anleger kosteneffizient bei der Verwaltung ihrer Vermögen zu unterstützen. Aufgrund der günstigeren Kosten gegenüber klassischen Beratungsmandaten sind sie vor allem für Anleger mit kleineren Depotvolumina geeignet, für die sich ein Beratungsmandat nicht rechnen würde. Durch die Orientierung an individuellen Anlage- und Risikozielen sind diese Anlageformen ein Stück weit flexibler als Anlagen in gängigen vermögensverwaltenden Fonds, bei denen oft nur die Aktienbandbreite festgelegt ist, sie sind aber natürlich aufgrund ihrer Standardisierung weniger passgenau als eine individuelle Beratung. Da es sich um eine Art Self-Service handelt, müssen Anleger sich aber die Mühe machen, die Angebote, ihre Parameter und ihre Funktionsweise zu verstehen, um Enttäuschungen zu vermeiden.

Wie müsste Ihrer Meinung nach eine perfekte ETF-Anlagelösung aussehen?

Ich glaube nicht, dass es die eine perfekte Anlagelösung gibt, da jeder Anleger andere Anlageziele oder eine andere Risikotoleranz hat. ETF-Anlagelösungen sollten meiner Meinung nach allerdings einige grundlegende Kriterien erfüllen. In jedem Fall sollten die Kostenvorteile von ETFs an Anleger weitergegeben werden, so dass die Gebühren dieser Fonds deutlich unter denjenigen von Dachfonds mit aktiv verwalteten Zielfonds liegen sollten. Anbieterunabhängigkeit ist ebenfalls ein Thema – auch zwischen einzelnen ETFs auf denselben Index gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern –, und der Fondsmanager sollte die Möglichkeit haben, unabhängig von Interessen Dritter das beste Produkt auszuwählen. Die Strategie der Fonds sollte meiner Meinung nach sehr einfach und regelbasiert umgesetzt werden. Ich denke hier zum Beispiel an eine regelmäßige Rebalancierung anstelle hochspezialisierter, intransparenter Modelle, damit die Wertentwicklung für Anleger nachvollziehbar bleibt. Alternativ kommen diskretionäre Ansätze infrage, die von einem erfahrenen Management umgesetzt werden, das über einen entsprechenden Track Record bei der Verwaltung von Mischfondsmandaten verfügt.

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